Wer sich alkoholisiert hinters Steuer setzt und einen Unfall verursacht, riskiert großen Ärger mit der Versicherung. Wir erklären Ihnen, ob der Versicherer nach einem Unfall unter Alkoholeinfluss zahlen muss.
Inhalt
- Wann wird Alkohol nach einem Unfall zum Problem?
- Zahlt mein Haftpflichtversicherer, wenn ich beim Unfall betrunken war?
- Zahlt mein Vollkaskoversicherer, wenn ich beim Unfall betrunken war?
- Muss der Versicherer des betrunkenen Unfallgegners meinen Schaden regulieren?
- Wie sollte ich mich nach dem Unfall verhalten?
- Fazit
1. Wann wird Alkohol nach einem Unfall zum Problem?
Wie allseits bekannt, ist Alkoholeinfluss hinter dem Steuer erst ab einer gewissen Schwelle unzulässig. Das gilt auch gegenüber dem Versicherer. Die Grenzwerte lauten wie folgt:
- 0,3 bis 1,09 Promille kann zu relativer Fahruntüchtigkeit führen.
- Ab 1,1 Promille ist sicher die absolute Fahruntüchtigkeit erreicht.
Was ist der Unterschied zwischen relativer und absoluter Fahruntüchtigkeit?
Der Fahrer kann im Rahmen der relativen Fahruntüchtigkeit noch in der Lage sein, das Fahrzeug sicher zu führen. Kommen aber alkoholbedingte Ausfallerscheinungen oder Fahrfehler dazu, ist der Fahrer fahruntüchtig.
Beispiele:
- Schlangenlinien
- Abkommen von der Fahrbahn
- Überfahren roter Ampeln
- Erfahrungsgemäß gehen die Behörden und Versicherer oft schon allein aufgrund des Unfalls von Ausfallerscheinungen aus. Das lässt sich aber nicht immer halten. Auch überhöhte Geschwindigkeit genügt meist noch nicht als alkoholbedingtes Ausfallzeichen.
Ab einer Alkoholisierung von 1,1 Promille sind Sie absolut fahruntüchtig. Das heißt, Sie werden als fahruntüchtig behandelt, egal ob Sie Ausfallerscheinungen haben oder nicht.
Geht man davon aus, dass Sie zum Unfallzeitpunkt relativ oder absolut fahruntüchtig waren, kann der Versicherer ggf. Zahlungen von Ihnen zurückverlangen bzw. Leistungen kürzen (s. dazu unten). Insbesondere bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,3-1,09 Promille haben Sie allerdings Chancen, den Vorwurf der Fahruntüchtigkeit zu entkräften.
2. Zahlt mein Haftpflichtversicherer, wenn ich beim Unfall betrunken war?
Ja. Der Haftpflichtversicherer ersetzt den Schaden zunächst gegenüber dem Unfallgegner. Die gesetzlich vorgeschriebene KfZ-Haftpflichtversicherung schützt schließlich in erster Linie den Unfallgegner davor, auf seinem Schaden sitzen zu bleiben. Eine Ausnahme gilt nur bei vorsätzlich verursachten Unfällen, die kaum vorkommen.
Aber Achtung: Sie müssen häufig dem Versicherer einen gewissen Betrag zurückerstatten, wenn der Unfall unter Alkoholeinfluss passiert und der Alkoholeinfluss ursächlich ist. Diese Regressmöglichkeit wird in den Versicherungsbedingungen geregelt, die regelmäßig eine sog. Trunkenheitsklausel enthalten. Diese regelt, dass Sie betrunken oder unter Drogenkonsum kein Auto fahren dürfen. Verletzen Sie diese Obliegenheit, darf der Versicherer seine Kosten von Ihnen zurückverlangen.
Beachten Sie aber, dass der Regress in zweifacher Hinsicht beschränkt ist:
1. Verschuldensabhängige Grenze
Oft kann der Versicherer nur einen Teil des Schadens von Ihnen zurückverlangen. Ausschlaggebend ist das Maß Ihres Verschuldens.
Beispiel: Sie fahren nachts mit 0,3 Promille und überschreiten Ihre Spur in einigen Momenten etwas. Es kommt zu einem Unfall unter Alkoholeinfluss, in dessen Folge ein Sachschaden am Auto des Unfallgegners entsteht und der Fahrer leicht verletzt wird. Zunächst zahlt ihre Haftpflichtversicherer die Schäden gegenüber dem Unfallgegner. Danach kommt der Versicherer auf Sie zu und fordert einen Teil des Schadens von Ihnen zurück. In der Regel werden hier max. 50% angemessen sein.
Beispiel: Sie fahren mit 1,0 Promille Blutalkoholkonzentration und fallen mehreren Zeugen durch eine unkoordinierte Fahrweise auf. Es kommt zu einem Unfall, da Sie nicht genug Abstand gehalten haben. Dabei entsteht ein Sachschaden am gegnerischen Auto. Hier scheint uns ein Regress von max. 80% angemessen.
Waren Sie hingegen absolut fahruntüchtig, darf der Versicherer meist 100% des Schadens zurückverlangen.
2. Begrenzung auf 5.000 Euro
Unabhängig davon, wie fahrlässig Sie gehandelt haben, darf der Versicherer maximal 5.000 Euro von Ihnen zurückverlangen.
Im Übrigen lässt sich gelegentlich auch argumentieren, dass der Unfall für Sie unabwendbar gewesen ist. Dann war der Alkohol nämlich offensichtlich nicht ursächlich und der Versicherer kann keinen Regress bei Ihnen nehmen.
Wir beraten Sie, wie Sie einen möglichst geringen Anteil der unfallkosten übernehmen müssen, und übernehmen die Auseinandersetzung mit Ihrem Versicherer. Sie erreichen die Kanzlei unter 0221 – 953 50 20 oder info@anwalt-zemann.de.
3. Zahlt mein Vollkaskoversicherer, wenn ich beim Unfall betrunken war?
Sind Sie vollkaskoversichert, gilt für Ihren eigenen Schaden grundsätzlich Folgendes:
- Hatten Sie weniger als 0,3 Promille während der Fahrt, wird der Schaden in der Regel vollständig ersetzt.
- Lag Ihr Alkoholspiegel bei 0,3 bis 1,09 Promille, kürzt die Vollkaskoversicherung die Leistung grundsätzlich anteilig, meist bis zur Hälfte des Betrags.
- Hatte der Fahrer über 1,1 Promille Alkohol im Blut, muss die Vollkaskoversicherung gar nichts übernehmen.
4. Muss der Versicherer des betrunkenen Unfallgegners meinen Schaden regulieren?
Ja, wenn Sie unverschuldet in den Unfall geraten sind, haben Sie ein Recht darauf, dass der gegnerische Versicherer Ihren Schaden reguliert. Dies beinhaltet auch die Einschaltung eines Rechtsanwalts, sofern nicht ein reiner Bagatellunfall vorliegt (Schaden unter ca. 500 Euro).
Nicht zahlen muss der gegnerische Versicherer hingegen, wenn der Verursacher den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat (etwa im Rahmen eines Suizidversuchs). In diesen Fällen steht Ihnen ggf. Ersatz aufgrund eines speziellen Entschädigungsfonds zu.
5. Wie sollte ich mich nach dem Unfall unter Alkoholeinfluss verhalten?
Der Versicherer wird sich später natürlich darauf berufen, dass Sie betrunken gefahren sind. Daher kommt es entscheidend auf die von der Polizei gemessene Blutalkoholkonzentration an.
Oft verlangen die Beamten noch vor Ort einen Atem-Schnelltest. Diesen dürfen Sie verweigern, was häufig auch ratsam ist. Sie werden dann ggf. mit auf das Revier genommen, um Ihnen dort von einem Arzt Blut abnehmen zu lassen. Dem müssen Sie sich beugen, wenn entweder der Richter die Maßnahme billigt oder Gefahr im Verzug vorliegt.
Gegenüber der Polizei haben Sie das Recht zu schweigen. Einzig zu Ihren Personalien müssen Sie sich äußern. Machen Sie unbedingt von diesem Recht Gebrauch und sagen Sie nicht zur Sache aus! Der Versicherer wird Ihre Aussage einsehen und versuchen, sie zu Ihrem Nachteil auszulegen.
Kontaktieren Sie stattdessen frühzeitig einen Rechtsanwalt für Verkehrs- und Versicherungsrecht, der mit Ihnen alle weiteren Schritte und Aussagen bespricht. Sie erreichen uns unter 0221 – 953 50 20 oder info@anwalt-zemann.de.
6. Fazit
- Nach einem alkoholbedingten Unfall bleiben Sie ggf. auf Kosten sitzen. Dies kommt allerdings erst ab den bekannten Grenzwerten von 0,3 – 1,09 Promille mit zusätzlichen alkoholbedingten Ausfallerscheinungen (relative Fahruntüchtigkeit) bzw. 1,1 Promille (absolut fahruntüchtig) in Betracht.
- Ihr Haftpflichtversicherer ersetzt die Schäden Ihres Unfallgegners zunächst. Er darf Sie aber nach der Zahlung in Regress nehmen, wenn der Alkohol für den Unfall ursächlich war. Es können maximal 5.000 Euro zurückgefordert werden.
- Auch Ihr Vollkaskoversicherer darf Ihnen gegenüber Kürzungen vornehmen. Bei einer relativen Fahruntüchtigkeit kann der Betrag grundsätzlich um bis zu 50% gekürzt werden, bei der absoluten Fahruntüchtigkeit um bis zu 100%.
- Als Unfallgegner haben Sie einen Anspruch darauf, dass der Schaden von der gegnerischen Versicherung reguliert wird.
- Machen Sie nach dem Unfall keine Aussage gegenüber der Polizei und kommen Sie frühzeitig auf uns zu.
Sind noch Fragen offen geblieben? Dann rufen Sie uns an unter 0221 – 953 50 20
Oder schreiben Sie uns eine Nachricht an info@anwalt-zemann.de. Wir helfen Ihnen gerne!
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