Unfallversicherung Auszahlung nach Gutachten: Wenn Sie einen Unfall hatten, wird eine bestehende private Unfallversicherung eine Auszahlung der Leistung erst nach einem ärztlichen Gutachten über die Invalidität auszahlen.
Eine private Unfallversicherung wird nur dann eine Leistung bewilligen, wenn eine eingetretene Invalidität auch die Folge eines privaten Unfalls war. Dabei sind Unfälle im privaten Umfeld nicht selten.
Die Konsequenzen solcher Unfälle fernab der beruflichen Tätigkeit können für die Betroffenen jedoch langwierig und einschneidend sein.
Mit der Leistung einer privaten Unfallversicherung kann man in solchen Fällen zumindest die finanziellen Auswirkungen einer durch Unfall eingetretenen Invalidität abfedern.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Michael P. Zemann erklärt in diesem Beitrag, wann eine private Unfallversicherung nach einem Unfall und dem Eintritt einer Invalidität leistet.
Übersicht:
- Was ist eine private Unfallversicherung?
- Wann zahlt die private Unfallversicherung?
- Welche Zahlungen leistet die private Unfallversicherung?
- Wann wird eine Invaliditätsleistung gezahlt?
- Muss ich das Gutachten akzeptieren?
- Fazit
1. Was ist eine private Unfallversicherung?
Die private Unfallversicherung ist nicht zu verwechseln mit der gesetzlichen Unfallversicherung, die vor allem Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten absichert. Arbeitnehmer, Studenten, Schüler und einige mehr sind dort pflichtversichert.
Für diese Personen ist die private Unfallversicherung also für Unfälle außerhalb der Arbeit relevant.
Außerdem steht die private Unfallversicherung neben der Krankenversicherung. Ist infolge des Unfalls also eine ärztliche Behandlung oder sogar ein Krankenhausaufenthalt notwendig, übernimmt bereits die Krankenversicherung diese Kosten.
Die private Unfallversicherung kann – je nach Vereinbarung – unter Umständen eine lebenslange Invalidenrente zahlen oder eine Einmalzahlung leisten. Daneben sind weitere Bestandteile möglich, zum Beispiel die Zahlung von (Krankenhaus-)Tagegeld.
Unfallversicherung Auszahlung nach Gutachten Tipp: Einige Kreditkarten-Verträge beinhalten eine private Unfallversicherung. Hier gilt allerdings einmal mehr, dass die Bedingungen genau durchgelesen werden sollten. Oft sind weitreichende Ausschlüsse enthalten.
2. Wann zahlt die private Unfallversicherung?
Damit die private Unfallversicherung die vereinbarten Leistungen überhaupt zahlt, muss ein Unfall vorliegen. Anders als bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung reicht eine Krankheit, die zu einer Invalidität führt, nicht aus, damit die private Unfallversicherung Leistungen auszahlt.
Ein Unfall im Sinne des Versicherungsrechts liegt nach der gesetzlichen Definition vor, wenn ein von außen auf den Körper des Versicherten wirkendes Ereignis eintritt, wodurch dieser unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
Zum Beispiel in folgenden Situation ist ein Unfall anzunehmen:
- A ist auf dem Weg zum Supermarkt. Auf dem Fußweg übersieht er ein Schlagloch und knickt um. Er erleidet einen Bänderriss.
- A fällt beim Fensterputzen aus dem ersten Obergeschoss und ist fortan querschnittsgelähmt.
In folgenden Situationen liegt dagegen kein Unfall vor:
- A fügt sich absichtlich eine Verletzung zu, um an die Versicherungssumme zu gelangen (diese Beeinträchtigung ist nicht „unfreiwillig“).
- Beim Joggen reißt eine Sehne des B, weil er diese jahrelang überstrapaziert hat (anders als im o.g. Beispiel ist hier kein äußerer Umstand wie ein Schlagloch ursächlich).
Unfallversicherung Auszahlung nach Gutachten: Leistungsausschlüsse sind möglich
Auch wenn sich ein Unfall nach der gesetzlichen Definition tatsächlich als solcher darstellt, heißt dies nicht, dass der Versicherer den tatsächlichen Unfall auch anerkennt. In den Versicherungsbedingungen können Ausschlüsse vereinbart sein, die dazu führen, dass Unfälle in bestimmten Situationen und bei bestimmten Ereignissen nicht als Versicherungsfall gelten.
In den Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft sind einige solcher Ausschlüsse vorgesehen, etwa für Unfälle, die auf alkoholbedingte Bewusstseinsstörungen zurückgehen, die bei besonders riskanten Hobbys geschehen oder die durch die Teilnahme an Rennen mit Motorfahrzeugen zustande kommen.
Auf diese Musterbedingungen müssen Versicherer allerdings nicht zurückgreifen. So kann der Versicherer in den Versicherungsbedingungen konkret für die abgeschlossene private Unfallversicherung eigene Ausschlüsse des Versicherungsfalls einfügen. Bei Abschluss einer privaten Unfallversicherung lohnt sich daher beim Vergleichen der Tarife ein Blick in die Bedingungen.
3. Welche Zahlungen leistet die private Unfallversicherung?
Sollte man einen Unfall haben und sollte ein Versicherungsfall vorliegen, stellt sich die Frage, was der Versicherte nun verlangen kann. Hierbei kommt es ganz darauf an, was man vereinbart hat. Häufig wird eine einmalige Invaliditätsleistung vereinbart.
Von einer Invalidität spricht man, wenn die geistige oder körperliche Leistungsfähigkeit unfallbedingt dauerhaft beeinträchtigt ist.
Dauerhaft ist eine Beeinträchtigung, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Änderung dieses Zustandes nicht zu erwarten ist.
Wie hoch die Invaliditätsleistung ist, hängt von zwei Umständen ab:
- von der Versicherungssumme und
- dem Invaliditätsgrad.
Private Unfallversicherung kann Einmalzahlung als Leistung enthalten
Die Versicherungssumme wird bei Abschluss der Versicherung vereinbart, zum Beispiel 125.000€. Der Invaliditätsgrad ergibt sich allgemein aus dem Grad der unfallbedingten Einschränkung der Leistungsfähigkeit und bei bestimmten Einschränkungen und Gesundheitsschäden an definierten Körpergliedern in der Regel aus der sogenannten Gliedertaxe.
Die Gliedertaxe ist eine Tabelle, die in den Versicherungsbedingungen enthalten ist. Sie dient dazu, bei bestimmten Einschränkungen und Gesundheitsschäden an Körpergliedern eine Beurteilung des Invaliditätsgrades vorzunehmen.
So könnte zum Beispiel dort stehen, dass der Funktionsunfähigkeit eines Zeigefingers ein Invaliditätsgrad von 10% beigemessen wird. Die Invaliditätsleistung wäre dann:
125.000 € x 10% = 12.500 €
Um als Versicherter eine höhere Invaliditätsleistung und damit bei einem Gesundheitsschaden mehr Geld zu bekommen, muss eine höhere Versicherungssumme vereinbart werden. Dementsprechend steigt dann der Beitrag.
Auch Unfallrente ist als Leistung möglich
Auch die Zahlung einer Unfallrente ist verbreitet. Diese wird in der Regel bis zum Lebensende gezahlt, wenn sich der Invaliditätsgrad nicht ändert. Es handelt sich um eine monatliche Zahlung, die grundsätzlich an einen bestimmten Mindest-Invaliditätsgrad geknüpft ist. Wie hoch diese Zahlung ist, wird ebenfalls mit dem Versicherer vereinbart.
Soll diese Rente höher sein, erhöht sich der Beitrag.
Tagegeld kann für Selbständige interessante Leistung darstellen
Darüber hinaus kann auch ein Tagegeld vorgesehen sein, insbesondere für Selbständige. Bei diesen bleibt in der Regel auch das Einkommen aus, wenn man etwa vorübergehend wegen eines Unfalls im Krankenhaus liegt.
Der Versicherte erhält dann Geld für die Zeit, in der er nicht seiner Arbeit nachgehen kann. Wie hoch das Tagegeld ausfällt, hängt von der dafür vereinbarten Versicherungssumme und dem Grad der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit aufgrund des Unfalls ab.
Besteht diese Einschränkung zu 70%, werden 70% des vereinbarten Tagegeldes gezahlt.
Bei Tod der versicherten Person: die Todesfallleistung
Außerdem kann eine Todesfallleistung vorgesehen sein. So lässt sich zum Beispiel in den Versicherungsbedingungen vereinbaren, dass der Versicherer im Falle eines unfallbedingten Todes im ersten Jahr nach dem Unfall eine zuvor bestimmte Summe zahlt. Diesen Betrag erhalten dann die Erben.
Weitere Vereinbarungen sind möglich, zum Beispiel die Übernahme von Kosten für Bergungs- und Rettungseinsätze oder für eine kosmetische Operation, um eine unfallbedingte Beeinträchtigung zu beseitigen.
4. Wann wird eine Invaliditätsleistung gezahlt?
Damit eine Invaliditätsleistung von der Versicherung ausgezahlt wird, muss ein Unfall vorliegen, dieser muss auch von der Unfallversicherung abgedeckt sein und es muss durch den Unfall zu einer Invalidität gekommen sein. Gerade die Frage, ob eine Invalidität, also eine dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistung, vorliegt, ist häufig ein Streitpunkt zwischen dem Versicherten und der Versicherung.
Dabei bedeutet dauerhaft nicht, dass die Beeinträchtigung für immer bestehen bleiben muss. Es muss lediglich feststehen, dass die Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistung mindestens für die nächsten drei Jahre bestehen wird und eine Verbesserung unwahrscheinlich ist.
Invalidität muss spätestens 15 Monate nach Unfall nachgewiesen werden
Der Versicherte muss dabei u.a. beweisen, dass eine Invalidität vorliegt, wie hoch diese ist und die Dauerhaftigkeit der Invalidität. Diesen Beweis muss der Versicherte meist innerhalb einer bestimmten Frist darlegen und beweisen. In den Versicherungsbedingungen werden hierfür meist 15 Monate nach dem Zeitpunkt des Unfalls als Frist vorgesehen.
Innerhalb dieser 15 Monate muss ein Arzt den Gesundheitsschaden begutachten und feststellen. Versäumt man diese Frist, ist damit zu rechnen, dass die Versicherung die Auszahlung der Invaliditätsleistung bedingungsgemäß gänzlich verweigert. Innerhalb einer weiteren Frist, oftmals 3 Monate, muss die Invaliditätsleistung dann auch bei dem Versicherer geltend gemacht werden.
Heilt ein Gesundheitsschaden während dieser Zeit folgenlos aus, besteht überhaupt kein Anspruch auf eine Leistung, selbst wenn innerhalb der Frist eine Invalidität vorgelegen haben sollte.
Hausarzt erster Ansprechpartner für Gutachten
Damit man als Versicherter nun die Invalidität beweisen kann und seiner Beweislast nachkommt, wendet man sich meist an seinen Hausarzt. Dieser erstellt ein Gutachten und muss durch den Versicherten von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden werden. Entspricht der vom Hausarzt ermittelte Invaliditätsgrad der Realität und akzeptiert die Versicherung dieses Gutachten, wird die Invaliditätsleistung von der Versicherung ausgezahlt.
In der Regel wird die Versicherung das hausärztliche Gutachten aber nicht akzeptieren. Man wird in einem solchen Fall meist von der Versicherung zu einem spezialisierten Gutachter geschickt, der den Invaliditätsgrad feststellen soll. Die Kosten hierfür übernimmt die Versicherung. Man sollte eine solche Begutachtung auch wahrnehmen, da zumeist bei einer Verweigerung die Versicherung auch keine Invaliditätsleistung auszahlen wird.
5. Muss ich das Gutachten akzeptieren?
Kommen die Gutachter der Versicherung oder der eigene Hausarzt in ihren Gutachten zu Ergebnissen hinsichtlich des Vorliegens einer Invalidität oder des Invaliditätsgrades, mit denen man nicht einverstanden ist, muss man solche Gutachten nicht akzeptieren. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn sich die Gutachten der behandelnden Ärzte und das Gutachten des Spezialisten der Versicherung stark voneinander unterscheiden.
Da zwischen den Gutachtern, die von der Versicherung ausgewählt und bezahlt werden, häufig eine gewisse Nähe besteht, sind Gutachten zugunsten der Versicherung nicht ausgeschlossen. Diese Gutachten enthalten dann zumeist einen zu niedrigen Invaliditätsgrad, verneinen eine Invalidität ganz, sehen die Gesundheitsbeeinträchtigung nicht als Folge des Unfalls oder erkennen den Auslöser der Invalidität in Vorerkrankungen.
Niedrige Invaliditätsleistung durch Gutachten möglich
All diese Ergebnisse würden letztlich dazu führen, dass die Versicherung eine Auszahlung der Invaliditätsleistung ablehnt oder massiv mindert und man als Versicherter nicht an die zustehende und vereinbarte Versicherungsleistung kommt. Selbst bei Abweichungen von nur wenigen Prozentpunkten bei der Bemessung der Invalidität kann dies zu einer drastisch gesenkten Auszahlungssumme führen.
Die Versicherungen bieten in solchen Fällen auch Abwicklungsangebote an. Diese Angebote sollen schnell und unbürokratisch eine gewisse Summe als Einmalzahlung anbieten, um die Unfallsache abzuwickeln. Auch eine solche Zahlung fällt meist deutlich niedriger aus, als bei einem tatsächlich und der Realität entsprechenden Invaliditätsgrad. Nimmt man die Zahlung an, sind weitere Auszahlungen ausgeschlossen.
Unfallversicherung Auszahlung nach Gutachten: Meist gerichtlicher Weg nötig
Solche Gutachten sollten Versicherte nicht akzeptieren. Mit Hilfe eines Fachanwalts für Versicherungsrecht sollte man begründet die Entscheidung der Versicherung zurückweisen. Dabei setzt man der Versicherung eine Frist zur erneuten Prüfung und verlangt mithilfe einer begründeten Darlegung eines höheren Invaliditätsgrades die Anerkennung der Invalidität bzw. eine höhere Invaliditätsleistung.
Stimmt die Versicherung der Forderung nicht zu oder lässt die Frist fruchtlos verstreichen, hilft meist nur der Weg zu einer neutralen Schlichtungsstelle – dem Ombudsmann – oder vor Gericht.
Da die Institution des Ombudsmanns regelmäßig überlastet ist, müssen Sie jedoch mit vielen Monaten Bearbeitungszeit rechnen. Außerdem ist die Entscheidung des Ombudsmanns in der Regel ab einem Streitwert von 10.000 Euro nicht bindend. Im Streit um eine Unfallversicherung geht es oft um höhere Beträge.
Unsere Erfahrung zeigt, dass Konflikte mit Hilfe eines Anwalts oft schnell und außergerichtlich gelöst werden können. Sollte jedoch das außergerichtliche Verfahren nicht zum Erfolg führen, sollten Sie im äußersten Fall Klage erheben. Natürlich sind vorher Ihre Erfolgschancen genau zu prüfen.
Unfallversicherung Auszahlung nach Gutachten: Fazit
Eine private Unfallversicherung zahlt im Falle eines Unfalls im privaten Kontext. Hierfür muss die geistige oder körperliche Leistungsfähigkeit dauernd unfallbedingt beeinträchtigt sein. In den Versicherungsbedingungen kann die Versicherung bestimmte Freizeitaktivitäten oder Hobbys ausschließen und muss dann nicht für Unfallfolgen leisten.
Mögliche Leistungen sind zum Beispiel eine regelmäßige Unfallrente oder eine einmalige Invaliditätsleistung.
Unfallversicherung Auszahlung nach Gutachten: Verweigert der Versicherer die Zahlung, sollte zunächst eine Frist gesetzt werden. Verstreicht diese fruchtlos, ist es sinnvoll, einen Fachanwalt für Versicherungsrecht zu kontaktieren.
Rufen Sie uns einfach an unter 0221 – 953 50 20 oder 02205 – 90 10 90 oder schreiben Sie uns eine E-Mail an info@anwalt-zemann.de. Wir beraten Sie gerne!
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